Weltkulturerbe Lunenburg, Peggy’s Cove und deutsche Ostalgie in Montréal

Die Zeit geht schnell vorbei, sobald frau ordentlich zu tun hat. So ist es auch im Augenblick. Das Training für den Localization Testing Job kostet ordentlich Ressourcen, nebenher Wohnungssuche und am Ende des Tages auch noch was zum Essen zubereiten. Aber erstmal alles der Reihe nach.

Ende letzter Woche ging’s endlich wieder auf die Piste: Road trip number 1! Startpunkt war Halifax, von da aus gings mit Ines, Ines‘ Auto und mir über den Highway Richtung Süden. Anlaufstation 1 war der Naturpark rund um „The Ovens“, gerade an den Öfen angekommen, lief mir auch das erste Tier(chen) vor die Linse:

Eichhörnchen auf Ast
Eichhörnchen aka Kaweechelchen aka Boomropp-Därchen

In der Eifel ist das Eichhörnchen übrigens auch bekannt unter dem Namen Kaweechelchen und, vor allem in der Bitburger Ecke, unter Boomroppdärchen. Die Eichhörnchen fühlen sich auch in Montréal sehr wohl, vor ein paar Tagen kam sogar eins kurz in mein Zimmer, die Tür stand offen.

Zurück zum Thema: Schon beeindruckend, diese Öfen:

Naturpark
Naturpark „The Ovens“

Kaum angekommen ging’s auch schon wieder zurück auf die Straße. Nächster Halt: Weltkulturerbe Lunenburg. Ein süßes Städtchen mit schönen bunten Häusern und einem „Kinderchor“, ja, der heißt wirklich so. Ein Überbleibsel deutscher Kultur. In Lunenburg liegt übrigens auch die „Blue Nose II“ vor Anker, das größte Holzschiff der Welt, das betriebsbereit ist. Die Blue Nose II ist eine Nachbildung der Bluenose, die 1921 in Lunenburg vom Stapel lief, jedoch nicht mehr existiert. Die Kosten für den Nachbau, von den knapp 20 Mio. Dollar werden vom Steuerzahlenden übernommen, haben in Nova Scotia ordentlich die Gemüter erhitzt.

Von so viel Sightseeing bekommt man natürlich Hunger! Heute im Angebot: köstlich fettige ‚Fish & Chips‘:

Fish & Chips in Lunenburg
Fish & Chips in Lunenburg

Auf dem Weg zurück wurden wir dann noch auf den Canada Day eingestimmt. In dieser Hütte würde sich Tanadia sicherlich auch wohl fühlen.

Einstimmen auf Canada Day
Einstimmen auf Canada Day

Schon witzig irgendwie. Hier gibt’s an jeder Ecke und auf allem was sich nicht wehrt das Ahornblatt. Sogar Mäcces ist auf einmal kanadisch.

Ahornblatt im Mäcces-Logo
Ahornblatt im Mäcces-Logo

Es ist schon interessant zu beobachten, welches nationale Selbstbewusstsein hier vorherrscht während man in Deutschland zur WM darüber diskutiert, ob man überhaupt Schwarz-Rot-Gold tragen oder ob man feiern darf, da man ja „nicht selbst“ den Titel geholt und die Tore geschossen hat. Absurd. Auf so ne Idee käme hier kein Mensch.

Von Lunenburg aus ging’s zu Peggy’s Cove. Warum Peggy ne eigene Bucht hat? Ich hab’s vergessen, aber es gibt ne Geschichte dazu!  Sorry Ines, du hast sie mir doch noch erzählt!

Touristenmagnet Peggy's Cove
Touristenmagnet Peggy’s Cove

Zu Peggy’s Cove gibt es auf jeden Fall auch eine traurige Geschichte, auf die eine Gedenktafel hinweist: Für die Opfer, die mit der Swiss Air Maschine 1998 im Atlantik (ca. 10 km von hier entfernt) abgestürzt sind.

Liebe Ines, danke für den coolen Road trip!

Zwischenzeitlich bin ich in Montréal angekommen. Montréal (oder engl. Montreal) fühlt sich an wie eine europäisch-amerikanische Stadt und die Französinnen (die Franzosen sind mitgemeint), die hier leben, sind ganz schön stolz auf ihre Wurzeln. Phänomenal, dass sich die französischen Einflüsse hier so lange gehalten haben. Es würde mich nicht wundern, wenn die Quebecians eines Tages ihre Unabhängigkeit durchsetzen würden. Hier sagt man nämlich „Ich komme aus Montréal, Quebec, in Kanada“ und nicht wie sonst „Ich komme aus Toronto in Kanada“. Montréal hat genau das Flair, das ich mag. Kulturell viel zu bieten, vor allem viele kostenlose Veranstaltungen im Sommer. Coole Architektur. Und internationales Flair.

Es gibt, wie immer im Leben, witzige Zufälle. So kam es, dass ich mit Sara, einer Deutschen aus der Nähe von Köln, zum Halbfinale der Frauen-WM gegangen bin. Wie man solche Bekanntschaften macht? Heutzutage ganz einfach über Facebook-Gruppen wie z. B. „work and travel Kanada“. Sara sagte mir zuerst, sie käme aus Köln. Nach ihrem Veedel gefragte meinte sie: Troisdorf. Stimmt, Troisdorf kennt in Montréal vermutlich niemand. 😉

Olympisches Stadion Montréal
Olympisches Stadion Montréal

Auf dem Weg zum Stadion war’s übrigens überflüssig, die richtige Haltestelle im Auge zu behalten. Es waren so viele Ami-Fans in der U-Bahn, dass man das Ziel garnicht verfehlen konnte …

I

I believe

I believe that

I believe that we

I believe that we will

I believe that we will win! I believe that we will win! I believe that we will win!

Tja, sie sollten Recht behalten. Andererseits muss man anerkennen, dass die Ami Girls einfach besser waren und ihren Elfer (Elferin wäre hier etwas übertrieben ;-)) verwandelt haben. Und wer weiß, vielleicht haben wir ja gegen die Weltermeisterinnen verloren?! Ich weiß, ein schwacher Trost, so etwa wie damals 2006.

Zwischen Kanada und USA gibt es so eine kleine Hassliebe, zu vergleichen mit der von Köln und Düsseldorf. Es gab einige, wenige „deutsche Fans“ (Quebecois in Deutschland-Trikot) im Stadion, getreu dem Motto „Hauptsache gegen die Yankees“ 🙂 Die guckten mich alle nur fragend wenn ich auf Deutsch sagte, dass die Amis halt besser waren. Deren Fans hatten sich übrigens ordentlich zurecht gemacht: Tütü, Strumpfhosen, Strähnen im Haar, Stirnbänder und natürlich Bemalungen jeglicher Art. Und wir? Nix! Blumenkette zuhause vergessen. Ah!

Andererseits gibt’s eine Sache die auf jeden Fall Raum für Verschwörungstheorien lässt, oder wie sonst ist diese Fahne zu erklären?! Das konnte doch nicht gut gehen! 😉

Tod gesagte leben länger
Totgesagte leben länger

Vermutlich hat’s aber eher mit den teilnehmenden Ländern der Olympischen Sommerspiele 1976 in Montreal zu tun, die dort sozusagen „konserviert“ wurden. Eigentlich ’ne schöne Idee.

Auf dem Weg zurück in die Stadt wieder folgende Situation. Neben uns in der Bahn Deutsche. Hab mir natürlich nicht helfen können und meinen Spruch des Abends aufgesagt: „Tja, die Amis waren einfach besser heute.“ Diesmal waren es dienstlich reisende Doktoranden aus „Ich sag mal Köln“ (eigentlich Euskirchen) und Darmstadt, die mit elektromagnetischen Feldern experimentieren und gerade eine Konferenz in Montreal besuchen, und die sich heute auch das Spiel angeschaut haben.

Liebe Sara, danke für den coolen Abend!

Seit gestern bin ich im Training für den Game Tester Job und ja, es ist anstrengend, den ganzen Tag nur Englisch zu hören und nur Englisch zu reden. Aber: Ich hab’s ersten so gewollt und zweitens wächst man mit seinen Aufgaben! Und man gewöhnt sich dann doch schnell daran.

Da ich gestern, nach dem ersten Tag so fertig war, hab ich vom Canada Day nichts mitbekommen (der aus Trotz in Quebec eh nicht groß gefeiert sondern vor allem als Umzugstag genutzt wird, kein Witz). Hätte mich gleich nach Feierabend ins Bett legen können (Fäddisch wie ’n Schaffbux). So ging es allen aus der Trainingsgruppe. Es war einfach sehr viel Input für uns alle.

Es ist auf jeden Fall ein interessantes Aufgabengebiet, man arbeitet in internationalen Teams und wir dürfen Spiele namhafter Firmen testen, die es auf dem Markt noch nicht zu kaufen gibt. Aus diesem Grund gibt’s auch verschärfte Sicherheitsmaßnahmen: Zugang zu sensiblen Bereichen wie dem „floor“ (so heißt das Großraumbüro, wo getestet wird) nur mit Chipkarte und Lunchbox, Mobiltelefone müssen am Eingang abgegeben werden, alles andere muss in den Spind. Des Weiteren wird man zur absoluten Verschwiegenheit verpflichtet.

Auf dem Floor darf man auch niemals den Rechner verlassen, ohne den PC zu sperren. Mein Arbeitsvertrag enthält mitunter alle erdenklichen Szenarien. Die Teams sind bunt gemischt, zumeist junge Leute, aber nicht nur. Mehr Männer als Frauen. Und so kommt’s, dass sich, ähnlich wie beim Chaos Computer Club in Hamburg, Schlangen vorm Männerklo bilden in den Pausen. 😀

Hab eine WG gefunden, bei der ich für drei Monate unterkomme. WG ist eigentlich übertrieben. X + ich. X ist Vincent, 32, Kanadier und arbeitet auch bei „irgendwas mit Medien“. Die Wohnung liegt im Stadtteil Saint Henri, nicht so angesagt wie das ‚Plateau‘ oder ‚The Village‘ aber auf jeden Fall cool, nah am Canal und bezahlbar.

Zum Schluss noch wichtige Informationen zum Wetter: Während jemand bei Euch die Sauna angeworfen hat sind’s hier angenehme 25 Grad bei einem Wolke/Sonne-Mix. Nächste Woche soll’s ähnlich weiter gehen, maximal 27 Grad Celsius (oder 80,6 Grad Fahrenheit).

#workandtravel #kanada #montreal #localizationtesting #gametesting #lunenburg #peggyscove

4 Kommentare

  1. Ich wäre ja dafür, wenn wir auch so stolz auf uns und unser Land wären. Überall auf der Welt ist soviel germany.

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  2. Ey supi – du bist gut untergekommen 🙂 Sprachlich durchhalten! wenigstens musste den job nich in French aushalten, sondern nur auf English;-)

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  3. Danke dir, liebe Tanja, hat mich auch total gefreut und hoffe man sieht sich „immer zweimal“ dann allerspätestens in Köln (genau – wer kennt schon Troisdorf haha…) – mal wieder. 😉

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